Wie viel Medizin steckt in der Zahnmedizin

Bericht zur hybriden Pressekonferenz der DGMKG und der DGZMK in Hamburg

Ob die Behandlung von Gesichtsverletzungen bei Kriegsverletzten, die zahnmedizinische Versorgung älterer Menschen oder die Bedeutung von Gesundheit und Ernährung in der oralen Medizin – auf dem 73. Kongress & Praxisführungsseminar der Deutschen Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie e.V. (DGMKG) und der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) sowie dem Deutschen Zahnärztetag standen viele Themen mit hoher gesellschaftlicher, aktueller Relevanz auf der Agenda. Der Kongress fand vom 14. bis zum 17. Juni in Hamburg statt – ein bedeutendes Element war eine hybride Pressekonferenz, die mit mehr als 30 Journalistinnen und Journalisten, die sich online eingewählt hatten oder live vor Ort teilnahmen, sehr gut besucht war.
Das erste Thema der Pressekonferenz war die Behandlung von Gesichtsverletzungen bei Kriegsflüchtlingen – etwa von Geflüchteten aus der Ukraine, darüber berichtete Professor Dr. Dr. Alexander Schramm, Geschäftsführender Ärztlicher Direktor der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie am Universitätsklinikum Ulm sowie Klinischer Direktor der Klinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie des Bundeswehrkrankenhauses Ulm. Zwar besteht die Mehrheit der über eine Million Flüchtlinge aus dem Kriegsgebiet aus Frauen und Kindern, aber zum Teil werden ukrainische Soldaten mit Schuss- und Explosionsverletzungen im Gesicht oder Kieferbereich in Deutschland oder anderen Ländern behandelt. „Da die ukrainischen – im Prinzip hervorragenden – Kliniken seit Kriegsausbruch an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen, kümmern wir uns – nachdem die Erstversorgung im Heimatland erfolgt ist – beispielsweise um die funktionelle Wiederherstellung der Schluck-, Kau- und Sprechfunktion“, so Schramm.

Im zweiten Vortrag der Presskonferenz stand der Einfluss von Ernährung und Bewegung auf die Mundgesundheit im Fokus.

„Ein gesunder Lebenswandel mit ausreichend Bewegung und ausgewogener Ernährung, wie sie beispielsweise die Mittelmeerdiät bietet, zahlt sich vor allem in Extremsituationen wie nach einer Operation aus“, erläuterte Priv.-Doz. Dr. Dr. Alexander Bartella, Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie aus Bielefeld. Da Patientinnen und Patienten nach einer Gesichtsoperation oft schlecht kauen und schlucken können, geraten sie nach dem operativen Eingriff häufig in eine Mangelsituation bezüglich der Nährstoffe. Ernährungsberaterinnen und -berater im Krankenhaus können gegensteuern, aber je gesünder der Patient/die Patientin vor der Operation war, desto rascher ist die Genesung. Auch die körperliche Fitness spielt bei einer schnellen postoperativen Erholung eine große Rolle: Je schneller und konsequenter der Erkrankte seine Physiotherapie durchführen kann, desto schneller regeneriert sich nach dem Eingriff.

Die Situation an Universitätskliniken bei der Versorgung von vulnerablen Gruppen – wie von sehr kleinen Kindern, sehr alten Menschen oder Menschen mit Behinderung -beschrieben Universitätsprofessorin Dr. med. dent. Diana Wolff, Ärztliche Direktorin der Poliklinik für Zahnerhaltungskunde, Klinik für Mund-, Zahn- und Kieferkrankheiten am Universitätsklinikum Heidelberg und Professor Dr. med. Dr. med. dent. Bernd Lethaus, Direktor der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie am Universitätsklinikum Leipzig auf der Pressekonferenz.

Um diese schwierige Situation zu lösen, forderte Professor Lethaus von Gesundheitspolitikern/politikerinnen sowie von Kostenträgern, die aufwändigen Zahnsanierungen bei vulnerablen Patientinnen und Patienten kostendeckend zu finanzieren. „Wir schlagen als Lösung vor, die Abrechnungsmodalitäten zu reformieren, Zusatzentgelte einzuführen und die Kapazitäten an Operationen und Betten sowie an Ärztinnen und Ärzten und Pflegekräften aufzustocken.“